Im Alter des Übergangs in die Sekundarstufe 1 nimmt der Umgang mit digitalen Medien bei Kindern und Jugendlichen rasant zu: Im Alter von 10-12 Jahren springen die Werte für den Besitz und die Nutzung von Smartphones schlagartig nach oben (Bitkom 2022, S. 2), Schüler:innen dieses Alters dürfen immer öfter allein über die Nutzung entscheiden (AGF Videosforschung 2020, S. 18), die tägliche Nutzungsdauer ist bei 14-jährigen besonders hoch (ARD/ZDF/Forschungskommission 2022, S. 419). Insofern gibt es ab diesem Alter deutlich mehr Möglichkeiten, aber auch Bedürfnisse bzgl. des Umgangs mit digitalen Medien.
Das betrifft auch den Zugang zu Musik. Wollen Musikpädagog:innen an die Rezeptionsgewohnheiten von Jugendlichen anknüpfen und sie im Musikunterricht nutzen, dann ist das insofern eine Herausforderung, als sich Fragen nach dem Potenzial dieser Medien, nach den Bedürfnissen von Jugendlichen und nach Anknüpfungspunkten an musikpädagogische Überlegungen stellen – zumal digitale Medien und der Umgang damit in einem Spannungsverhältnis zu einigen tradierten Vorstellungen von Musikunterricht stehen. Das betrifft bspw. Kategorien des Digitalen wie Referenzialität (Stalder 2016), die Ablösung von Rezipient:innen durch Produser:innen (Leong 2017), die Relativierung des Werkgedankens (Hodgson 2019) und die Aufwertung von Amateuren (Prior 2010) etc. Gerade solche Charakteristika haben nun allerdings im Hinblick auf das Ziel, ästhetische Erfahrung in heterogenen Gruppen zu ermöglichen, ein erhebliches Potenzial (Gerland & Niedek 2022). Soziale Medien wie TikTok, Youtube usw. können hierbei mit Duettfunktion, Trends etc. zu wertvollen Lernmitteln werden (Godau i. E.). Im Vortrag werden (auch anhand von Beispielen) Anknüpfungspunkte identifiziert, wie sich die in den sozialen Medien verankerten Praxen musikpädagogisch fokussieren und nutzen lassen. Dabei wird insbesondere auf Bewegungspraxen Bezug genommen, für die die postdigitale Perspektive altersangemessene Chancen bietet (Stange i. E.).